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VWA Absolvent entwickelt innovative Idee für das Gesundheitswesen

Nihat Cesur

Klarheit, Transparenz und Engagement – dies sollte ein Integrationslotse für Familien mit behinderten Kindern oder Angehörigen bieten. Nihat Cesur hat in seiner Abschlussarbeit an der Hessischen VWA diese Idee entwickelt und ein konkretes Business-Konzept ausgearbeitet. Gerade ist er dabei, sich in diesem Bereich in Frankfurt selbstständig zu machen. Seine Idee: „Viele Familien sind in einer solchen Situation allein schon mit der Pflege überlastet. 80 Prozent sehen große Lücken in der täglichen Betreuung. Zudem fehlen für die Kommunikation mit Krankenkassen, dem Medizinischen Dienst, Gutachtern und anderen Institutionen im Gesundheitswesen oft Zeit und vor allem das Fachwissen, um sich erfolgreich durch den Bürokratie-Dschungel zu kämpfen“, berichtet Nihat Cesur aus eigener Erfahrung.

Klarheit über den tatsächlichen Bedarf erhielt der VWA Absolvent durch eine Online-Fragebogen-Aktion. Mehr als 170 Angehörige, Betroffene, Gesundheitsdienstleister, Krankenversicherungen, Hilfsorganisationen, Sachbearbeiter und Entscheider machten dabei Verbesserungsvorschläge, gaben Einblicke in Abläufe und den tatsächlichen Bedarf. „Oft geht es gar nicht um teure Medikamente, aufwendige Behandlungen oder kostenintensive Untersuchungen, sondern um eine gute alltägliche Versorgung der Patienten.“ Nihat Cesur hat durch diese Aktion viel von Behördenwillkür, Schicksalen, und Ablehnung gehört und dies in sein Konzept einfließen lassen. „Mit einem Integrationslotsen hätten die Familien einen kompetenten Berater an der Seite, der sie persönlich begleitet und in ihrem Namen mit den Institutionen verhandelt, Termine vereinbart und recherchiert.“ Die Angehörigen würden massiv entlastet und hätten mehr Zeit für die Pflege. Cesur sieht keinen Sinn darin, die Kosten für eine solche Dienstleistung nur den Krankenkassen in Rechnung zu stellen, stattdessen könnte der Integrationslotse auf Provisionsbasis tätig werden. Wünschenswert wäre es allerdings, dass sich die die Krankenkassen daran beteiligen.

2007 wurde seine Tochter mit einer Muskelerkrankung geboren. Der Bischofsheimer hat sich seit dieser Zeit abends und am Wochenende mit Gesetzen, Förderungsmöglichkeiten und Strukturen im Gesundheitswesen vertraut gemacht. „Vieles wird gar nicht klar kommuniziert. Daher fallen viele Fördermöglichkeiten einfach unter den Tisch“, erklärt Cesur. So ist es ihm gelungen, für seine Tochter, die nachts beatmet werden muss, Beatmungsgeräte zu bekommen. Mithilfe eines Aufrufs an zahlreiche Stiftungen konnte er für seine sechsköpfige Familie ein behindertengerechtes Auto organisieren. „Meine Erfahrung habe ich ehrenamtlich an Betroffene weitergeben und so auch dort die grundlegende medizinische Versorgung verbessert“, berichtet der ehemalige Geschäftsführer einer internationalen Hilfsorganisation in Frankfurt.


2013 hat er sein VWA-Studium Gesundheitswirtschaft begonnen. „Auslöser war die Überprüfung der Pflegestufe meiner Tochter. Statt – wie dringend nötig – von Stufe 1 auf 2 aufzustocken, hob die Ärztin des Medizinischen Dienste die Unterstützung für uns komplett auf.“ Ein Desaster. Cesur forderte ein neues Gutachten und beschwerte sich direkt bei der Zentrale seiner Krankenkasse – mit Erfolg! „Da war mir klar, ich muss etwas tun, um fundiertes Fachwissen zu erwerben.“ Dies gelang ihm mit dem Studium, dass er im Frühjahr sehr erfolgreich abschloss.